Konserven, Reinigungsmittel und Möbel sind selten im Frachtraum eines Flugzeugs zu finden. Ersatzteile, Pharmazeutika oder rasch verderbliche Nahrungsmittel hingegen häufiger. Das Transportieren von Gütern auf dem Luftweg ist nämlich äusserst selektiv und wird vor allem für zeitkritische und wertvolle Sendungen genutzt. 

Produkte, bei denen die Zeit eine entscheidende Rolle spielt, lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen: zum einen verderbliche Waren wie Blumen, radioaktive Sendungen, Pharmazeutika oder Lebensmittel; zum anderen Produkte, die dringend benötigt werden oder schnell an ihren Zielort gelangen müssen, wie beispielsweise Ersatzteile für Maschinen oder lebende Tiere. Aufgrund der zeitkritischen Anforderungen und der hohen Nachfrage von Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz werden Frischwaren wie Früchte, Gemüse, Fisch und Fleisch häufig per Flugzeug transportiert – da die Transportzeiten kurzgehalten werden können und die Ware so möglichst frisch ankommt.

Auch für hochwertige Güter wird der Luftweg aufgrund seiner Schnelligkeit häufig genutzt. Unternehmen setzen auf einen zügigen Verkauf, um keine Zeit und Ressourcen zu verlieren und die effiziente Nutzung finanzieller Mittel sicherzustellen. Ein Beispiel hierfür ist ein in Asien produziertes Handy mit beträchtlichem Verkaufswert. Jeder Tag, an dem das Produkt nach seiner Herstellung nicht verkauft wird, bedeutet einen Verlust für das Unternehmen. Durch die Luftfracht ist das Handy innerhalb von nur vier bis fünf Tagen in Schweizer Geschäften verfügbar, im Vergleich zu etwa zehnmal längeren Transportzeiten per Schiff. Der Lufttransport auf Langstrecken ist jedoch nicht nur zeitlich vorteilhaft, sondern bietet auch einen höheren Sicherheitsstandard im Vergleich zum Land- oder Seeweg.

Schlüsselrolle in Krisenzeiten

Dass Schnelligkeit entscheidend ist, zeigte sich insbesondere während der Covid-19- Pandemie im Frühjahr 2020. Kaum jemand hätte erwartet, dass während dieser Zeit die Bedeutung der Luftfracht sogar die des Passagiertransports übertreffen würde. Obwohl dies nur für einen begrenzten Zeitraum der Fall war, waren die Auswirkungen beeindruckend. Dank der Flexibilität und der engagierten Unterstützung aller Beteiligten wurden innerhalb kürzester Zeit Luftbrücken für den Gütertransport eingerichtet.

In dieser Zeit hat die SWISS drei ihrer grössten Passagierflugzeuge – die Boeing 777-300ER – kurzerhand zu Frachtfliegern umgebaut. In der Economy Klasse wurden die Sitze, die Sauerstoffflaschen und -masken für den Notfall und das Entertainment-System entfernt. Auch die Trolleys, normalerweise beladen mit den Bord-Mahlzeiten, wurden umfunktioniert und beherbergten Wasserfeuerlöscher. Die drei umgebauten Boeing 777-300ER kamen vor allem für Frachtflüge aus China in die Schweiz zum Einsatz, als der Bund, die Armee wie auch private Anbieter medizinisches Schutzmaterial bestellten. Insgesamt wurden über 1000 Frachtflüge von den umgebauten Flugzeugen durchgeführt. 

Die Pandemie hat gezeigt, dass die Luftfracht auch in Ausnahmesituationen unersetzlich ist, insbesondere bei der Gewährleistung der Landesversorgung mit Schutzmasken und Impfdosen.

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Bild: Der Riesenfrachter Antonov An-124 bringt zu Beginn der Covid-19 Pandemie Tonnen von Schutzmaterial aus China. 

Jeder zweite exportierte Franken hebt ab

Das Versenden von Gütern per Flugzeug mag teurer sein als der Transport mit dem Lastwagen oder Schiff, jedoch wird diese Wahl zugunsten besonders wertvoller Güter getroffen. In der Schweiz spielt der Luftweg eine entscheidende Rolle für hochwertige Produkte wie Pharmazeutika, Uhren, Maschinen oder Präzisionstechnik. 

Der Warenwert für die Schweizer Luftfracht beträgt im Durchschnitt 1’413 Franken pro Kilo, im Vergleich zu knapp 9.50 Franken pro Kilo für den Landweg. Tatsächlich wird jeder zweite Franken, der aus der Schweiz exportiert wird, durch die Luftfracht verdient. Eine Tonne Luftfrachtexport ist im Durchschnitt über CHF 900‘000 wert. Dies entspricht rund dem Wert von 95 Tonnen Strassenexport, 150 Tonnen Schiffsexport oder 275 Tonnen Schienenexporten.

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Der Schweizer Mittelpunkt der Luftfracht

Der Flughafen Zürich spielt eine Schlüsselrolle im schweizerischen Luftfrachtverkehr: Hier werden mehr als 70 Prozent der Exporte abgewickelt. Rund 1400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewegen täglich 1200 Tonnen Luftfracht. Chemische Produkte stellen mit 59 Prozent den grössten Anteil am Exportvolumen dar, gefolgt von Präzisionsinstrumenten, Uhren und Schmuck sowie Maschinen und Ausrüstungen. Die primären Handelspartner des Flughafens Zürich sind Nordamerika und Asien, wobei ein Grossteil der Luftfracht in oder aus diesen beiden Märkten transportiert wird.

Insbesondere bei zeitkritischen, interkontinentalen Transporten bevorzugen Spediteure den Flughafen Zürich. Die kurzen Entfernungen zwischen der Frachtinfrastruktur und den Start- und Landebahnen fördern eine effiziente Abwicklung und kurze Transitzeiten. Beispielsweise kann eine Sendung bis zu 90 Minuten vor Abflug angeliefert werden und selbst bei einem Transfer auf einen anderen Flug ist eine Umladung in 90 Minuten sichergestellt. Nichtsdestotrotz ist der Flughafen Zürich kein klassischer Frachtflughafen. Mit den kürzesten Betriebszeiten und der längsten Nachtruhe im Verhältnis zu vergleichbaren europäischen Flughäfen ist er vor allem für nächtliche Frachtflüge nicht geeignet.

Im Bauch des Passagierflugzeugs

Etwa 95 Prozent der exportierten Luftfracht am Flughafen Zürich wird im Bauch einer Passagiermaschine als «Belly Freight» transportiert. Das klingt zunächst überraschend, aber dieser Fakt zeigt das Zusammenspiel zwischen Personen- und Frachttransport. Ein bedeutender Teil davon wird von der SWISS durchgeführt, die rund zwei Drittel des gesamten Frachtvolumens am Flughafen Zürich bewegt.

Bei der Entwicklung ihres Streckennetzes berücksichtigt die SWISS nebst der generellen Nachfrage und den Bedürfnissen der Passagiere auch das Potenzial von Frachttransporten. Die Luftfrachteinnahmen sind für Fluggesellschaften von zentraler Bedeutung, damit sie ihr interkontinentales Flugangebot wirtschaftlich rentabel gestalten können. Im Schnitt trägt die Luftfracht etwa 20 Prozent zum Deckungsbeitrag eines Fluges bei. 

Kleiner Fun Fact am Rande: Welches Passagierflugzeug bietet den grössten Raum für Luftfracht? Viele denken hierbei an den A380, doch dieser Gedanke täuscht. Obwohl der A380 die höchste Anzahl an Passagieren befördern kann, verfügt er nicht über den grössten Frachtraum. Dieser ist – anders als die Kabine – nicht doppelstöckig und wird für das Gepäck der Passagiere genutzt, was den verfügbaren Raum für die Luftfracht erheblich beschränkt. Tatsächlich bietet die Boeing B777-300ER den grössten Frachtraum: Sie kann bis zu 20 Container transportieren, wobei jeder Container Luftfrachtexporte im Wert von durchschnittlich CHF 850‘000 beinhaltet. Bei voller Auslastung sind das bis zu 28 Tonnen Luftfracht. 

Mit reinen Frachtmaschinen – sogenannten Vollfrachtern – kommen Korean Air sowie Turkish Airlines regelmässig nach Zürich. Zusätzlich zu diesen regulären Frachtflügen gibt es Charterflüge für Frachtgüter, die nur bei Bedarf eingesetzt werden. Darunter auch das weltgrösste Frachtflugzeug, die Antonov An-124, die in der Regel für den Transport von sehr grossen und schweren Frachtgütern wie Maschinen oder Turbinen genutzt wird. 

Frachtabwicklung am Flughafen Zürich

Die Cargo-Handling-Firmen Cargologic, Dnata und Swissport bearbeiten die Fracht am Flughafen Zürich. Cargologic handelt die Ware in den Frachthallen und transportiert sie auf den Standplatz wo sie Swissport, vor allem im Auftrag der Fluggesellschaft SWISS, ins Flugzeug einlädt. 

Dnata hingegen übernimmt sämtliche Schritte eigenständig – von der Handhabung der Fracht in den Frachthallen über den Transport zum Standplatz bis hin zum eigenständigen Verladen in die Flugzeuge. 

Die Frachtsicherheitsprüfung findet mittels Röntgenstrahlen, Spurendetektoren und weiteren anerkannten Methoden statt. So wird die Fracht sicher und effizient auf ihre Reise geschickt.

Ein Blick in die Frachthallen

Um den sicheren Transport und die effiziente Entgegennahme der Waren zu gewährleisten, sind in den Frachthallen nicht nur die Cargo-Handling-Firmen vertreten, sondern auch sämtliche relevante Behörden wie Zoll, Pflanzenschutz, Veterinär- und Edelmetallkontrolle. Hier sorgen die Grenztierärzte des Bundesamts für Lebensmittel und Veterinärwesen für die Kontrolle von Fleisch- und Fischprodukten sowie für lebende Tiere, während das Bundesamt für Landwirtschaft – zuständig für den Pflanzenschutz – Gemüse, Früchte und Blumen unter die Lupe nimmt. 

Für Waren, die in die Schweiz kommen oder das Land verlassen, erhebt der Zoll die entsprechenden Zollabgaben. Dies gilt insbesondere für Edelmetalle und mit Edelmetallen versetzte Produkte wie Schmuck und Uhren. Für die Durchsetzung dieser Vorschriften und Gebühren in diesem Bereich ist die Edelmetallkontrolle zuständig. 

Auch Tierräume gehören zur Infrastruktur. Hier kümmern sich Tierpflegerinnen und Tierpfleger um das körperliche und geistige Wohlbefinden von Tieren, die via Frachtverkehr am Flughafen Zürich ankommen. In unserem Beitrag «5 Fragen an Carmen Müller» erfährst du, welche Tiere das sind und wie sie betreut werden.

Die Verantwortung für die Infrastruktur in den Frachthallen liegt bei der Flughafen Zürich AG. Diese gewährleistet nicht nur, dass alles einwandfrei funktioniert, sondern überwacht auch, ob die Infrastruktur den Anforderungen entspricht und die Kühlräume die vorgeschriebenen Temperaturen einhalten.

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Clever verpackt, sicher unterwegs

Die Luftfracht wird auf Paletten oder in Containern transportiert. Beim Verladen wird geschickt gestapelt, wobei die Regel „Leichtes und Schwaches nach oben, Schweres und Starkes nach unten“ gilt. Die Stabilität muss nicht nur während des Verladens, sondern auch während des Transports und der Zwischenlagerung gewährleistet sein. Nach dem sorgfältigen Aufbau der Paletten werden sie zusätzlich in Plastik verpackt, um sie vor den Witterungseinflüssen zu schützen. 

Eine wichtige Rolle spielt die Sicherung der Fracht, um zu gewährleisten, dass sie keinerlei Schaden nimmt. Netze und Bänder verhindern selbst bei Bremsmanövern oder dem Start des Flugzeugs unerwünschte Verschiebungen und halten die Fracht sicher an ihrem Platz.