Wie seine Lieblingsblume, die zitronengelbe geflügelte Senna, zieht Flughafengärtnerei-Leiter Heinz Kalt die warmen Jahreszeiten dem Winter vor. Trotzdem wurde er an seinem ersten Arbeitstag im November 1981 im Winterdienst eingeteilt und lenkte eine kleine Schneeschleuder, obwohl er sich als Gärtner auf ein Inserat des damaligen Amts für Luftverkehr beworben und andere Aufgaben vor Augen gehabt hatte. Viel hat sich in seinen fast 42 Dienstjahren gewandelt. Nur seine Uniform blieb über all die Jahre konstant: Eine flaschengrüne Gärtnerschürze um die Hüfte war sein Markenzeichen. Heinz Kalt trug sie auch noch, als die jüngeren Kolleg:innen längst auf andere Arbeitskleidung umgestiegen waren.
1 von 1
Kein Tag wie der andere
Sein Aufgabengebiet war enorm vielseitig und beinhaltete Arbeiten an der Front wie das Waschen der Ficus-Bäume im Terminal A zur Geisterstunde, die Pflege der Pflanzenhöfe im Dock E in 16 Metern Höhe, das Ansäen der Grünfläche neben den Pisten oder das Erstellen der Gebinde und Dekorationen für Ereignisse wie die Begrüssung des 20-millionsten Passagiers oder den Erstflug des Airbus A380. Zum Jobprofil gehörten zuletzt auch viele administrative Tätigkeiten, was Heinz Kalt etwas wehmütig stimmte: «Am liebsten habe ich draussen Farbakzente gesetzt, aber zuletzt habe ich mehr Zeit im Büro verbracht».
Eine besondere Herausforderung stellten jeweils Staatsbesuche dar. Dann musste Heinz mit seinem Team stimmungsvolle Bouquets aus Blumen und Schnittgrün in den Landesfarben der Regierungsmitglieder aus Ländern wie Chile, Finnland oder Indien kreieren. Wenn in den Flaggen die Farben Schwarz oder Blau enthalten waren, wurde es schwierig, besonders im Winter, so Heinz Kalt. Gefärbt habe er die Pflanzen aber nie, das hätte seine Berufsehre verletzt, betont der 62-Jährige.
Heinz’ Funktion verlangte es auch, dass er bei Ereignissen wie Flugzeugunglücken Kränze für die Gedenkfeiern band: «In solchen Situationen fehlen einem die Worte. Ich habe versucht, mit dem passenden floralen Schmuck einen würdigen Rahmen zu schaffen.» Bis auf die Farbe der Schleife, die meist durch die Wappenfarben des Auftraggebers vorgegeben waren, hatte der Aargauer bei der Gestaltung freie Hand.
Das letzte Bauvorhaben, bei welchem sein Team die Dekoration lieferte, ist die Grundsteinlegung des Circle 2017: «Wir mussten zum Arrangieren der geschmückten Spaten bis zum tiefsten Punkt der Baugrube herunterfahren – da wurde mir die Dimension dieses Grossprojekts erst richtig bewusst.»
Heinz Kalt bei den Vorbereitungen für einen Staatsbesuch bei einem Standplatz auf dem Vorfeld (Bild 1); Seit 1981 war Heinz Kalt am Flughafen mit Freude und Engagement im Einsatz (Bilder 2 und 3, Fotos vom Mai 1988, Quelle: Werner Loosli).
1 von 3
Tannenbäume, Palmen und Friedenslinde
Heinz ist nicht nur Zeitzeuge der strukturellen Entwicklung, sondern konnte auch den Weihnachtsbäumen auf der Plantage der Sektion Grünflächen am Brandübungsplatz beim Wachsen zusehen: «Über zwanzig Jahre hinweg sind stolze Tannen gediehen, von denen wir jedes Jahr die grössten an verschiedenen Standorten wie dem Busbahnhof platziert haben.» Während des World Economic Forums hatte er es jeweils mit deutlich exotischeren Gewächsen zu tun: «Für eine mobile Lounge arrangierten wir jedes Jahr über 20 Palmen», erzählt er.
Besonders ergriffen war er von der Einpflanzung einer Friedenslinde auf dem Butzenhügel 1991. Heinz erzählt: «250 Jugendliche aus 130 Ländern brachten je ein Kilogramm Erde aus ihrem Heimatland als Zeichen der Verbundenheit mit. Der Baum steht heute noch, was ein symbolträchtiges Statement in diesen bewegten Zeiten ist.» Ebenfalls in besonderer Erinnerung geblieben ist ihm das Jubiläumsfest 50 Jahre Flughafen. Als das einzige Mal eine Concorde in Zürich landete, durfte er der Bevölkerung seine damals luftseitig gelegene Gärtnerei vorstellen und wurde von Moderator Röbi Koller interviewt.
Anlässlich der Feier von 700 Jahren Eidgenossenschaft erhielt Heinz Kalt den Auftrag eine Friedenslinde auf dem Butzenhügel einzupflanzen. (Bild 1); Immer mit Gärtnerschürze: Heinz Kalt 1998 im Interview mit Röbi Koller anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums des Flughafens Zürich (Bild 2).
1 von 2
An den eigenen Aufgaben wachsen
Sein Beruf am Flughafen war für den Mann mit dem grünen Daumen immer auch Berufung. Einmal nur überlegte er sich einen Stellenwechsel, doch genau dann erfolgte die Privatisierung und brachte neue Aufgabenfelder. Heinz übernahm die Gesamtverantwortung für die Gärtnerei und war, wie er stolz anmerkt, einer der ersten Handwerker bei Airfield Maintenance mit einem Computer. Als eindrücklichste Fortbildung nennt der Weltenbummler einen Besuch im Europapark. «Der Gärtner dort hat mich in die Funktionsweise der Bewässerungsanlage der berühmten Achterbahn Blue Fire eingeführt. Davon konnte ich viel mitnehmen.»
Heinz Kalts präferierte Arrangements waren stets die Pflanzenpyramiden, da sie sich je nach Entwicklung der Infrastruktur verschieben lassen.
1 von 1
Die nächste Generation steht bereit
Am 31. März 2023 ging das Kapitel Flughafen Zürich für einen der langjährigsten Mitarbeitenden hauptberuflich zu Ende. Neunzehn Lernende profitierten von seinem Erfahrungsschatz, darunter sogar Kantonsbeste. Als Tour Guide bleibt Heinz dem Flughafen Zürich erhalten, womit sich ein Kreis schliesst: «Schon zu meiner Anfangszeit in den Achtzigern war ich bei Rundfahrten im Einsatz. Einmal war ein Besucher so begeistert, dass er mir bis heute Postkarten schreibt.», so Heinz Kalt. Im Ruhestand wird es ihm garantiert nicht langweilig, denn er möchte mit seiner Frau die Schweiz beim Wandern erkunden und Zeit mit seinem Enkelkind verbringen, das im Frühling zur Welt kommt. Auch in seiner Oase, dem eigenen Schrebergarten, hat er noch viel vor.
Die Flughafengärtnerei in Zahlen (Stand März 2023)
- 8 Mitarbeitende
- 44’200 m2 Rasenflächen
- 10’800 m2 Dauerbepflanzungen
- 430 m2 Wechselflorrabatten
- 2’100 m2 Biotope
Keine Story mehr verpassen?