Der Flughafen Zürich hat die kürzesten Betriebszeiten im Vergleich mit anderen europäischen Verkehrsflughäfen. Trotzdem werden Stimmen laut, die die heute geltenden Betriebszeiten am Flughafen Zürich von 06:00 bis 23:30 Uhr weiter einschränken möchten. Damit werden die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz und die gute Anbindung an die Welt fahrlässig aufs Spiel gesetzt.

 

Wegfall der letzten Langstreckenwelle

In den letzten 25 Jahren wurden die Betriebszeiten in Zürich drei Mal um insgesamt 2 Stunden reduziert. In einer Studie zur betrieblichen Machbarkeit und wirtschaftlichen Tragbarkeit zeigt Intraplan (vgl. Box), was eine weitere Verkürzung der Betriebszeiten bedeuten würde. Die letzte Langstreckenwelle der Swiss am Abend würde wegfallen – gerade diese Destinationen in den Wachstumsmärkten Südamerika, Südafrika und Asien sind für die (Export-)Wirtschaft, Wissenschaft und Tourismus wichtig. Es kommt aber noch schlimmer: Weil die Rentabilität einiger Flugzeuge nicht mehr gegeben ist, würden auch weitere Mittel- und Langstreckenverbindungen ab Zürich wegfallen. Zudem gilt es bei der Flugplanung immer die Flugdauer, die Zeitverschiebung zu den Zieldestinationen und die Verfügbarkeit der Flugzeuge zu berücksichtigen. Können Flüge nicht mehr abends ab Zürich angeboten werden (vgl. Grafik), würden diese auf andere Drehkreuze in Europa verschoben.

Langstreckenverbindungen

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Lokalmarkt und Transferpassagiere

Als einziger Landesflughafen bedient der Flughafen Zürich dank dem Drehkreuzbetrieb der Swiss die Schweizer Nachfrage nach Luftverkehrsleistungen im Europa- und Interkontinentalverkehr mit einem flächendeckenden Angebot. Der Drehkreuzbetrieb ermöglicht dabei die Bündelung ausreichender Nachfrageströme. Schweizer Passagiere werden mit Transferpassagieren aus europäischen Zubringerflügen ergänzt. Diese Umsteigepassagiere sind für die Wirtschaftlichkeit der Langstreckenverbindungen essenziell. Intraplan schreibt: «Nur durch diese Addition von [Heimat- und Auslandsmarkt] … sind regelmässige Interkontinentalverbindungen wirtschaftlich darstellbar.» Entfallen diverse Langstreckenflüge, finden auch zahlreiche europäische Zubringerflüge nicht mehr statt.

 

Verlust des Drehkreuzes und der Konnektivität

Werden die Betriebszeiten verkürzt, ist gemäss Intraplan fraglich, «ob sich der Flughafen Zürich in einem solchen Szenario auch langfristig als Standort für einen wirtschaftlich zu betreibenden Hub mit seinem typischen Wellensystem halten lässt.» Sollte der Flughafen seine Drehkreuzfunktion verlieren, wird sich das Flugangebot auf wichtigen Kernstrecken bei sinkender Bedienungshäufigkeit reduzieren. Für das interkontinentale Direktflugangebot sind «deutliche Lücken» zu erwarten. Intraplan kommt zum Schluss, dass es sich bei einer Verkürzung der Betriebszeiten um eine langfristig nachteilig wirkende Massnahme mit deutlichen negativen Implikationen für den Flughafen Zürich und die Swiss handelt. Unter der «klaren Verschlechterung» der Erreichbarkeit würde der gesamte Wirtschaftsstandort Schweiz leiden. Dies betrifft auch die Exportwirtschaft. Rund 50 Prozent der wertmässigen Exporte verlassen die Schweiz auf dem Luftweg. Mit dem Verlust der Flugbewegungen fehlen der Wirtschaft wichtige Frachtkapazitäten, da 98 Prozent der Fracht am Flughafen Zürich im Bauch von Passagiermaschinen transportiert wird.

 

Volkswirtschaftlicher Verlust

Durch eine Reduktion des Flugangebots ergibt sich ein sogenannter negativer Reisezeitnutzen für die Nutzerinnen und Nutzer des Flughafens Zürich. Dieser würde mit mindestens über CHF 400 Mio. zu Buche schlagen. Gemäss Intraplan ist damit zu rechnen, dass der Wert «deutlich darüber» liegt. Ein tieferes Flugangebot resultiert aber auch in einem Wegfall von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung. Intraplan berechnet den volkswirtschaftlichen Gesamtverlust einer Verkürzung der Betriebszeiten «mit fast 8'000 Beschäftigten und rund CHF 1.6 Mia. Wirtschaftsleistung». Umso wichtiger ist es, den aktuellen Betriebszeiten von 06:00 bis 23:30 Uhr Sorge zu tragen, um die gute Anbindung der Schweiz an die Welt auch in Zukunft zu gewährleisten.

 

Intraplan-Studie zu verkürzten Betriebszeiten

Im Jahr 2018 untersuchte Intraplan Consult GmbH die Auswirkungen einer Verkürzung der Betriebszeiten um 30 Minuten und die damit verbundene Vorverlegung von Slots der letzten Welle am Flughafen Zürich. Der Abschlussbericht wurde im Mai 2019 vorgelegt und basiert auf Zahlen aus dem Jahr 2018. Das damalige Flugangebot ist vergleichbar mit dem heutigen. Neben den volkswirtschaftlichen Effekten untersuchte Intraplan die Wirkung einer verkürzten Betriebszeit auf die Airlines. Die Auswirkungen auf die am Flughafen Zürich beheimateten Airlines sowie auf deren betriebliche Prozesse werden im nächsten Politikbrief vorgestellt.